Adam Rückert

Transkription eines Briefs des Sohnes Adam Rückert von 1830 an seine Eltern:

"Lüneburg, den 20. Oktober 1830

Wertheste Eltern

Mit Freuden erwarte ich Euren Brief, den ihr nach Gotha an mich geschrieben habet, allein aber diese Freude an diesem Brief war ganz klein. Ich muß Euch aufrichtig gestehen, in meinem letzten Brief wagte ich es, eine Scherzfrage an Euch zu thun, denn alles, was ich darin schrieb, war bloß eine spassische Geschichte für mich, allein, Ihr nahmt es für wahr auf, und findet Euch darüber sehr beleidiget, worüber ich Euch demütig um Verzeihung bitten muß. Sehr wohl brachte ich diesen Sommer in Gotha zu, allein um mich eine ziemliche Strecke von meinem Vaterlande zu entfernen, reiste ich am 2. September freiwillig aus Gotha ab und machte einen kleinen Spaziergang von 200 Stunden, und zwar von Gotha über Erfurt, Weimar, Leipzig, Halle, Magdeburg, Brandenburg, Potsdam, Berlin, Spandau, Schwerin, Lübeck, dann ein Theil durch Dänemark und von da nach Lüneburg, das ist im Königreich Hanover an der Gränze von Dänemark. All hier nahm ich Arbeit, auch finde ich mich hier sehr zufrieden, ich muß Euch gestehen: auf dieser Reise erlebte ich so manche schlechte und gute Tage, wie sie kommen so werden sie gefeuert. Auch muß ich Euch sagen, als ich von Haus wegging, sagte mir Frau Wießner, wenn ich vielleicht Berlin käme sollte ich ihren Bruder doch grüßen, ich benutzte hier die Gelegenheit allein vergebens machte ich mir die Mühe, denn ich fand ihn nicht, da ich keine Adresse hatte.

Was mich anbelangt bin ich gesund und wohl, wenn ihr Eltern und Geschwister es im gleichen seid so soll es mich herzlich freuen.

Wo der Peter Schütz ist, mögte ich auch wohl wissen.

Schreibt mir bald, denn mit Freuden erwarte ich Euren Brief. Ich grüße Euch, liebe Eltern und Geschwister, grüßt meinen Herrn Lehrmeister, und alle Andern die nach mir fragen. Ich verbleibe in der Eile Euer treuer Sohn A.

Retur Adresse Schneidergeselle A. Rückert abzugeben bei Herrn Meister Göbel in der Olingergasse in Lüneburg."